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Nachruf auf Walter Methlagl (1937 - 2025)

Unser Bild von Franz Michael Felder wäre heute ein völlig anderes, wenn nicht Walter Methlagl in den 1970er Jahren begonnen hätte, sich in der Edition der Briefe und Schriften von Franz Michael Felder zu engagieren. Auch das Franz-Michael-Felder-Archiv verdankt dem mutigen Einsatz von Walter Methlagl in Zeiten seiner Gründung, aber auch darüber hinaus, vieles, sehr vieles. Alles begann mit der Erstellung des Kommentars des Briefwechsels von Franz Michael Felder mit Kaspar Moosbrugger. Erst dieser umfangreiche Kommentar, den Walter Methlagl mit vielen Unterstützern 1975 vorgelegt hat, brachte die Briefe zum Sprechen, machte die historischen, sozialen, gesellschaftlichen Umstände transparent, in denen Felder wirkte und auf die er einwirkte.

Felder als Heimatdichter wurde von Methlagl ins Reich der ideologischen Phantasien verbannt. Dem Kommentar folgten die Herausgaben von allen weiteren Bänden der "Sämtlichen Werke" von Felder. Nur den 1995 erschienenen Band "Nachträge" edierten andere. Es war vieles für Walter Methlagl zu entdecken. Einen Schatz aber konnte er heben, von dem niemand glaubte, dass er jemals wieder gefunden werden würde. Nach dem Tod von Franz Michael Felder schickte Kaspar Moosbrugger die Briefe von Rudolf Hildebrand zurück nach Leipzig. Methlagl machte sich auf die Suche und konnte den Nachlass von Hildebrand, darin nicht nur die Briefe, sondern auch Felders Leipziger Tagebuch, in der Leipziger Universitätsbibliothek aufspüren. Walter Methlagl hat gerne erzählt, wie er als ausländischer Wissenschaftler in der DDR, von Stasi-Leuten beobachtet, in Leipzig sich bewegte, was für ein Erlebnis es war, diese Briefe zu lesen und später zu edieren. Neue Horizonte taten sich dabei auf.

Neben seiner editorischen Arbeit an Felder war Methlagl aber auch derjenige, der es verstand, Felders Werk einem ganz neuen Verständnis zuzuführen und dabei auch eine ganz eigene literatursoziologische Theorie zu entwickeln. Methlagls Blick auf Felder war vor allem von dessen Sprachverständnis geprägt. Es kam den Erklärungen zu Felder zugute, dass Walter Methlagl sich immer auch mit theologischen und sprachphilosophischen Problemen beschäftigte. Felders Kampf gegen die öffentliche Meinung, für neue Verkehrsströme, für die Einrichtung von Genossenschaften und vieles andere mehr wurde von Methlagl klug und zeitgemäß verhandelt, auch die treffende Beschreibung von Felder als „Kryptoprotestant“ gehört hierher, ein Begriff, den mancher und manche nicht so gern hörte.

Methlagl wies uns an, Felder anders zu lesen. Ein Glück war es, dass Peter Handke die Vorrede zur 1985 im Residenz Verlag erschienen Neuausgabe von Felders "Aus meinem Leben" geschrieben hat, für Felder sehr wichtig. Methlagls Nachwort in dieser Ausgabe gilt bis heute zurecht als einer der wichtigsten Texte zum grundlegenden Verständnis von Felders Werk. Walter Methlagl hat sich mit einer Arbeit zu Felders Roman "Reich und Arm", die weit über diesen Roman hinausreicht, habilitiert. So sieht man, dass man jedem Autor einen Editor, einen Wissenschaftler, einen Liebhaber wie Walter Methlagl nur wünschen kann. Jetzt, im Himmel der Literatur, wird Franz Michael Felder sich bei Walter Methlagl bedanken, wir machen es hier auf Erden.

 

Für den Franz-Michael-Felder-Verein, Jürgen Thaler

Hier können Sie die freundschaftliche Würdigung von Sigurd Paul Scheichl zu Walter Methlagls 75. Geburtstag, veröffentlicht im Jahrbuch 2012 des Franz Michael Felder Archivs, nachlesen.